Fröhliche Geweihnachten

von Barbara Pronnet

kurze Weihnachtsgeschichte für Jugendliche und Erwachsene rund um Weihnachtsfeiersuche und Kalorienzählen

lebkuchen

Wo möchtest du heuer Weihnachten feiern?“ fragt mich Tim am 3. Advent beim Frühstück. Eine ganz unschuldige Frage und doch löst sie bei uns beiden einen sehr „un-besinnlichen“ Streit aus.

Es führt dazu, dass wir nun schon seit Tagen nur noch höfliche Kommunikation austauschen, so in etwa „ja“, „nein“, „wie du meinst“. Der Grund: Tim und ich kennen uns seit 10 Jahren. Wir wohnen zusammen und lieben uns und haben noch nie alleine den Heiligen Abend zusammen gefeiert. Entweder waren wir bei meinen Eltern oder bei seinen. Immer schön abwechselnd damit keiner beleidigt ist. Das hat zur Folge, dass wir auch keinen richtigen Christbaum haben, nur das Adventsgesteck. Es macht wenig Sinn einen Baum zu schmücken und dann am wichtigsten Abend nicht dazu sein. Da sind wir uns einig.

 „Bei meiner Familie, wir sind dran, schon vergessen?“ sage ich und beiße herzhaft in einen Lebkuchen. Pfeif auf die Kalorien in der staden Zeit.
„Ja, aber wir waren letztes Jahr nur kurz bei uns weil Mama krank war und eigentlich war Marie (Anmerkung: seine nervige Schwester) nicht da und das Ganze war wenig gemütlich. Mama will heuer nochmal richtig nachfeiern. Wir können ja am ersten Feiertag zu deinen Eltern fahren, oder?“
Tim sieht mich mit seinem Hundeblick treuherzig an.
„Nein echt nicht, Mama hat mich schon gefragt, was wir essen wollen und überhaupt verstößt du gerade gegen die Regel, mein Schatz“. Ich blicke verwundert auf. Was soll das denn jetzt?
„Komm schon, wir müssen ja nicht immer nach Plan machen. Deine Brüder (Anmerkung: ich habe drei Brüder, Nichten und Neffen und bei uns war immer das Haus voll), kommen mit der ganzen Horde, da gehen wir doch unter. Ich möchte auch Marie mal wieder sehen und mit ihr reden, sie fährt am ersten Feiertag schon wieder zurück zu ihren Schwiegereltern (Anmerkung: Marie kommt ohne Familie, warum auch immer). Bei euch ist es eh immer so unruhig und eng.“
„Sag mal geht’s noch? Wir haben das immer schön so aufgeteilt und nur weil Marie mal wieder schnell, schnell vorbeihuscht und deine Mutter mal ausnahmsweise nicht leidend ist, soll meine Familie jetzt leer ausgehen? Dann können wir gleich auf getrennt machen, du gehst zu deinen, ich zu meinen Eltern. Wäre sowieso die bessere Idee. Mich nervt eh dieses Hin und Her. Geht mir schon seit Jahren auf den Senkel. Und überhaupt was heißt bei meiner Familie ist es unruhig?“
„Aha, meine Mutter ist also mal wieder schuld weil sie Migräne hat“ fährt Tim mich an, usw. und sofort giften wir uns über den Frühstücktisch an.
Das ganze wurde letztendlich immer unsachlicher und weil wir schon mal bei Streiten sind, werfe ich Tim gleich noch vor, dass die Umzugskiste von seiner im Sommer verstorbenen Oma immer noch im Arbeitszimmer steht und wenn der Krempel (was immer auch da drin ist) nicht bald verschwindet, dann schmeiß ich es eigenständig weg. Mich gehe das nichts an, meint er und überhaupt wolle er das schon längst mal sagen, dass ich mit meiner „Wegschmeisserei“ zu weit gehe. Seine Sachen! Werbung, alte Zeitungen, ausgepresste Zahnpastatuben, alles wird aufgehoben bis es vergilbt oder vertrocknet.

Mensch, haben wir uns plötzlich gefetzt. Zum Schluss breche ich in Tränen aus und werfe mich im Schlafzimmer aufs Bett. Tim setzt sich vor seinen Laptop und wir sprechen den ganzen Tag kein Wort mehr miteinander.
Da wir beide schlimme Starrköpfe sind, wird das Thema Weihnachten bis zum 23.12. nicht mehr angesprochen. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass jeder zu seiner Familie geht.


Wir lieben eigentlich beide die Adventszeit und schauen uns gerne kitschige Filme im Fernsehen an. Jetzt läuft irgendein Ramsch in der Glotze und beide fummeln wir an unseren Smartphones rum. Wir gehen getrennt mit Kollegen oder Freunden zu den Christkindlmärkten und versauen uns somit die restliche Vorweihnachtszeit.

Stimmt wohl doch, dass die Nerven um diese Zeit blank liegen. Ich hatte in der Zwischenzeit auch für mich beschlossen den Heiligen Abend zu Hause zu verbringen. Ich habe keinen Nerv meiner Familie etwas vorzuspielen oder zu lügen und ich will mich einsam und gekränkt zu Hause verkriechen. Nur ich, der Adventskranz und Bruce Willis in „Stirb langsam 24“.

Meine Eltern mischen sich Gott sei Dank nicht ein und lassen mich in Ruhe. Ich war dankbar dafür. Am ersten Feiertag will ich dann zu ihnen fahren und mit meinen Nichten und Neffen spielen. Dann kann ich auch gleich erklären warum das ganze Fest gekippt ist.

Am Morgen des 24.12. wache ich spät auf. Tim war schon aufgestanden und ich höre ihn rumkramen und rascheln. Er packt wie immer auf die letzte Minute Geschenke ein. Dann wird er zu seiner Familie fahren und ich konnte die Wohnung für mich besetzen. Ich räkele mich noch etwas und bin ziemlich traurig.

Warum gehe ich nicht einfach zu ihm und küsse ihn, sag das es mir leid tut und ich allem zustimme was er möchte. Es war doch Heiliger Abend. Nein. Warum immer ich? Eigentlich gebe immer ich nach, wirklich ist so.

Plötzlich höre ich Tim rufen: „Hey, komm schnell ins Wohnzimmer. Beeil dich“.

Ich springe aus dem Bett weil ich denke es ist was passiert. Tim bringt es fertig sich mit der Schere schwer zu verletzen, der alte Chaot. Ich laufe zum Wohnzimmer und bleib wie angewurzelt vor der Türe stehen.

Tim sitzt auf unserem Sofa. Er hält einen alten Hirschkopf in den Händen. Das Geweih ist mit lauter bunten alten Kugeln und zerfledderten Lametta behängt. Es sieht einfach nur zum Schießen aus.

„Das habe ich gestern in Omas Nachlass gefunden.“
Er hebt das geschmückte Ungetüm auf seinen Kopf.
„Fröhliche Geweihnachten“ mein Schatz, hast du mich wieder lieb?“
Tim sieht aus wie ein Rentier zum Knutschen. Ich laufe zu ihm und wir lachen und küssen uns wie schon lange nicht mehr.

Der röhrende Weihnachtshirsch bekam ein schönes Plätzchen in der Wohnzimmerecke. Wir verbrachten einen traumhaften Nachmittag und später, nach einem feinen Essen mit Wein und Schmuserein, setzen wir uns zu unserem „Christbaum“ und feiern unser schönste Weihnachten zu zweit.
Ohne Familie und Bruce Willis.

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