An einem 24. Dezember

Pascal Beckmann

schöne sinnliche Kinder Weihnachtsgeschichte

Diese Geschichte handelt über einen kleinen Jungen und dessen Sehnsüchte zu Weihnachten

Am Morgen hatte Marvin nun das ersehnte 24. Türchen seines Adventskalenders geöffnet und war zu seiner großen Freude von einem Stück Schokolade in Form eines Weihnachtsmannes überrascht worden. Ein wenig bitter jedoch schmeckte ihm die Süßigkeit, als sich klammheimlich, während seines Genusses der Gedanke an das bevorstehende Weihnachtsfest einstellte. Sehnlichst wünschte er sich in diesem Jahr vom Weihnachtsmann einen Schlitten, um zusammen mit seinen Freunden zum Rodeln gehen zu können. In den letzten Jahren waren seine Geschenke immer eher klein ausgefallen. Auch das Weihnachtsfest an sich war eher eine bescheidene Angelegenheit, weil seine Eltern doch nicht so viel Geld zur Verfügung hatten.

schneelandschaft

Ein erster Blick aus dem Fenster, nachdem er die Vorhänge vollständig zurückgezogen hatte, ließ jedoch eine besondere Vorfreude auf das Fest aufkommen.
Über Nacht hatte es geschneit, und der alte Garten hinter dem Haus lag unter einer weißen Pracht verborgen.
Die Äste der alten knorrigen Bäume lugten teilweise noch etwas braun aus dem Schnee hervor, während ihre dicken kräftigen Stämme schon fast bis zur Hälfte in Weiß, wie mit Zucker überzogen, erstrahlten.

Nun hielt es den Jungen auch nicht mehr länger in seinem Zimmer. Nach einer eilig eingenommenen Mahlzeit zog er sich schnell seine warmen Wintersachen an, setzte die blaue Wollmütze auf den Kopf und lief aus dem Haus. Draußen auf der Straße spielten schon die Nachbarskinder, lachten ungestüm, bewarfen sich mit Schneebällen, rollten schließlich große Kugeln und türmten diese zu einem riesigen Schneemann auf. Marvin beteiligte sich ausgelassen an ihrem Tun bis er beschloss, dass es an der Zeit sei, seine Mutter in der Innenstadt von ihrer Arbeitsstelle abzuholen, denn das hatten beide so vereinbart.
Fröhlich pfeifend machte er sich auf den Weg durch die verschneiten Straßen und Gassen, währenddessen leichte Schneeflocken vom Himmel fielen und sanft auf die Erde niedergingen. In der Innenstadt waren alle Geschäfte weihnachtlich geschmückt. Ein jedes schien das andere noch übertreffen zu wollen. Bunt dekorierte und hellerleuchtete Schaufenster säumten die verschneiten Straßen. Dunkelgrüne Tannenbäume mit roten Schleifen und weißen Schneemützen standen auf den Gehwegen. Verschiedene Düfte, die die Cafés und Konditoreien verströmten, erfüllten die Luft mit den herrlichen Aromen von Anis, Nelken, Koriander und Zimt. Es war der liebliche Duft von Gewürzkuchen und Gebäck.

Lärmend und hektisch bewegten sich die Menschen, beladen mit Geschenken und Tannengrün, durch die Straßen. Marvin wurde zur Seite gedrängt. Alle Passanten schienen in unsagbare Eile und Hektik vertieft. „Pass doch auf wo du hinläufst, Träumer, sagte ein älterer Herr plötzlich barsch und stieß Marvin einfach beiseite, so dass dieser fast vom Gehweg stürzte. Rücksichtnahme war hier fehl am Platz. Eine Entschuldigung scheinbar überflüssig. Auf eine Antwort des Jungen wartete der Rempler erst gar nicht, sondern hastete einfach weiter. Im Verlauf seines Weges wurde Marvin durch häufiges Geschiebe von seiner eigentlichen Richtung abgedrängt und befand sich mit einem Mal in einer engen schmalen Gasse in der Altstadt wieder. Das Kopfsteinpflaster unter dem Schnee war schlüpfrig und glatt. Marvin rutschte unversehens aus und fiel der Länge nach in den weißen Untergrund. Nachdem er sich von seinem Schreck erholt hatte, stand er auf und begann sich den Schnee aus seiner Kleidung zu klopfen, dabei blickte er ungläubig um sich, wo er sich befand. Er stand vor einem winzigen Geschäft. Augenscheinlich ein Trödler, denn in der Auslage befand sich altmodisches Spielzeug. Eine Dampflok fuhr auf Schienen im Kreis, einem zerzausten Teddybären mit Fellverlust fehlte ein Ohr und eine große Puppe mit aufgemaltem Haar, war offensichtlich auch schon durch viele Kinderhände gegangen. Auch Blechspielzeuge, teilweise schon fast ohne Farbe, befanden sich unter den angepriesenen Waren. Weiter im Hintergrund konnte Marvin, der das Schaufenster interessiert betrachtete, jedoch noch etwas erkennen, was seine ganze Aufmerksamkeit hervorrief. Eine große, von leichter Staubschicht bekrönte Schneekugel, die auf einem mit Engeln verzierten hölzernen Fuß thronte. Im Inneren dieser Kugel aber war nichts weiter zu sehen. Sie schien offensichtlich leer, ohne ein Motiv – merkwürdig. Wie von einem unsichtbaren Magneten angezogen, stieg Marvin die drei ausgetretenen, verwitterten Steinstufen zum Ladenlokal hinauf und drückte die schwere schmiedeeiserne Klinke der bunt verglasten Eingangtür.

Ein heller Glockenschlag ertönte daraufhin und kündigte ihn im Ladeninneren als Kunden an. Einen Moment lang geschah nichts weiter als das aufgeregte Pochen von Marvins Herzen. Als unvermittelt wie aus dem Nichts ein schmächtiger älterer Mann hinter dem Ladentresen aufragte und seinen Kunden neugierig und interessiert musterte. Im ersten Augenblick war Marvin über dessen plötzliches Auftauchen erschrocken und konnte auf die Frage nach seinem Wunsch nur stammelnd antworten, dass er doch gern einmal die Schneekugel aus dem Schaufenster näher in Augenschein genommen hätte. Da lächelte der Verkäufer geheimnisvoll und schien zu überlegen. Nach einigem Zögern entschloss er sich jedoch, trat geräuschlos und mit einer flinken Bewegung zum Schaufenster. „Mit dieser Schneekugel, sprach der Verkäufer fast tonlos, habe es eine ganz besondere Bewandtnis.“ „Nur derjenige, der sich aufrichtig auf das Weihnachtsfest freue und reinem Herzen sei, dem würde sie ihr Geheimnis offenbaren.“ Und nein – verkäuflich sei sie ganz gewiss nicht. Sie befinde sich schon seit Generationen in diesem Geschäft. Er, Marvin dürfe sie sich aber gerne einmal ansehen, so wie auch alle anderen Schätze in seinem Laden.“ Mit diesen Worten nahm der Verkäufer die Kugel behutsam aus dem Schaufenster, befreite sie liebevoll vom Staub und reichte sie dem Jungen. Ein erneutes Klingeln der Ladentüre rief indessen den Verkäufer zu einem anderen Kunden. Marvin blieb allein, die Kugel fühlte sich schwer an, wie ein Stein, in seinen Händen. Nachdenklich und zögernd betrachtete er sie.

Eine gewisse Ehrfurcht und Aufregung ließen sein Herz wieder lauter klopfen. Sollte er, nein, konnte er es wagen. Doch dann nahm er schließlich allen Mut zusammen, hielt die Kugel mit beiden Händen ganz fest, schloss vorsichtshalber die Augen und schüttelte sie. Als er einige Male geschüttelt hatte und gerade seine Augen wieder öffnen wollte, geschah plötzlich etwas sehr Eigenartiges. Er verspürte einen starken Sog und gleichzeitig einen kalten, stichelnden Hauch in seinem Gesicht, als wenn Eiskristalle hinein flögen. Dann erfolgte ein Wirbel und es war ihm als würde sich alles um ihn herum drehen schneller und immer schneller. So plötzlich wie all diese Vorkommnisse entstanden waren, brachen sie auch wieder ab. Marvin wagte vorsichtig zu blinzeln, und er traute seinen Augen nicht. Denn er war von dem Gesehenen völlig überrascht. Vor ihm ragte in voller Größe eine bekannte und doch fremde Gestalt auf. Die schwarzen Lederstiefel blankgeputzt, reichten bis zu den Knien, sein roter Anzug an den Ärmeln, am Kragen und unten am Rock mit weißem dichten Pelz verbrämt, saß tadellos und wurde von einem schwarzen Gürtel mit goldener Schnalle außerdem gut zusammengehalten. Auf dem Kopf saß eine lange rote Zipfelmütze unter der dichtes schlohweißes Haar, ganz gleich des Bartes, hervorlugte. Hinter diesem Hünen stand ein großer brauner mit hell klingenden Glöckchen verzierter Holzschlitten. Vor den neun Rentiere gespannt waren, die unruhig mit ihren dunklen Hufen im Schnee scharrten und Atemwolken in die kalte Luft hauchten. Marvin war wie erstarrt und konnte kaum glauben, was er dort vor sich sah.
Der Weihnachtsmann jedoch lächelte beim Anblick des Jungen und sprach diesen zu dessen größter Verblüffung an. „Hallo Marvin. Ich habe gewusst, dass du kommen würdest und dich schon erwartet.“ „Aber woher?“ fragte Marvin mit etwas zittriger Stimme.
Da lachte der Weihnachtsmann nur laut und dröhnend, so dass sogar die Rentiere neugierig die Köpfe hoben, um zu lauschen. „Ich habe dich in meiner Schneekugel gesehen“, hob der Weihnachtsmann wieder zu sprechen an. „In deiner Schneekugel?“ fragte der Junge staunend. Der Weihnachtsmann immer noch lächelnd, nickte mit dem großen Kopf. „Du glaubst an den Zauber der Weihnacht, das spüre ich genau Marvin, und jemanden wie dich brauche ich als Gehilfen. Denn ich bin schon ein alter Mann und das Sortieren und Verpacken der vielen Geschenke auf meinen Schlitten ist sehr mühselig und fällt mir zunehmend schwerer“, erläuterte der Weihnachtsmann. Marvin war nur zu gern bereit zu helfen und erwies sich als sehr geschickt und hilfsbereit, wo immer er den Weihnachtsmann unterstützen konnte. Zusammen ging ihnen die Arbeit sehr schnell von der Hand und es dauerte nicht lange, da waren alle Geschenke in ihren bunten Verpackungen mit Schleifen versehen auf den Schlitten geladen, der sich unter dieser Last fast durchbog. „Nun gehe ich auf meine große Reise,“ sagte der Weihnachtsmann und rollte dabei seinen langen handgeschriebenen Wunschzettel zusammen. „Diese Reise aber, zu allen Kindern der Welt, muss ich allein antreten, so ist es meine Bestimmung. „Hab vielen Dank für deine großartige Hilfe mein lieber Junge.“

Mit einem plötzlich auffrischenden Wind wirbelten Schnee- und Eiskristalle durch die Luft, so dass diese schier undurchsichtig schien. Indessen der Weihnachtsmann samt Schlitten und Rentieren in rasantem Tempo hoch gen Himmel aufstieg und Marvins Blick in den dichten bauschigen Wolken entschwand.

Mit einem Mal scheint alles vorbei. War es nur Einbildung? In einer engen Gasse der Altstadt reibt sich Marvin den Schnee aus der Kleidung. Was war geschehen, ach ja er war gefallen, ausgerutscht auf dem rutschigen Straßenbelag – ein eigenartiges Gefühl beschleicht ihn, hat er geträumt? Er vermag sich nicht mehr wirklich an etwas zu erinnern.
Sein Blick gleitet auf die Armbanduhr. Was schon so spät? Jetzt muss er sich aber beeilen um die Mutter von der Arbeit abzuholen. Wo befindet er sich hier eigentlich?
Das Schaufenster des Ladenlokals neben dem Gehweg zeigt Computer und neuestes technisches Spielzeug in der Auslage – aha ein ganz modernes Fachgeschäft in der Altstadt. Marvin läuft die Gasse entlang, die Straßen weiter bis zur Arbeitsstelle. Seine Mutter wartet schon vor dem Tor. Er läuft ihr entgegen. Sie nimmt ihn in die Arme und zusammen gehen beide in bester Laune nach Hause. Denn heute ist schließlich Heiligabend. Am Abend steht der Weihnachtsbaum im hellen Licht der Kerzen und im Schein der bunten Kugeln im Wohnzimmer. Die Familie hat nach dem Essen ihre Weihnachtslieder gesungen. Als nun die Mutter das Glöckchen zur Bescherung läutet, glaubt Marvin seinen Augen nicht zu trauen.

Unter dem Weihnachtsbaum steht hochglänzend mit großer Schleife daran – ein funkelnagelneuer Schlitten. Als Marvin nähertritt sieht er noch etwas, was an dem Schlitten befestigt ist, ein wunderschöner mit Kristallen besetzter funkelnder Stern. Darauf steht nur ein einziges Wort – Danke! Marvin freut sich so sehr über sein Geschenk und den im Kerzenschein glitzernden Stern. Er ist außer sich vor Freude, bedankt sich vielmals bei seinen Eltern, die im Hintergrund stehen und ihn anlächeln. Denn auch sie haben ein wunderschönes Geschenk erhalten – Papas neue Arbeits-stelle.

Marvin löst vorsichtig den Stern von dem Schlitten ab und betrachtet ihn eingehend. Irgendwie ist es ihm als käme ihm da eine Erinnerung, die sich warm und wohlig ganz tief in seinem Herzen ausbreitet, die er jedoch nicht recht zu deuten weiß. Dann klingelt es plötzlich an der Haustür und Marvins bester Freund Ole möchte sich mit ihm für den morgigen Nachmittag zu einer Schlittenfahrt verabreden, denn Marvin habe ja einen neuen Schlitten bekommen. Woher nur wusste Ole von seinem Weihnachtsgeschenk?

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