Linktipp der Woche: Kinder mit personalisierte Kinderbücher in der Entwicklung fördern
Weihnachtliche Engelgeschichte in einer modernen Zeit. Eine nachdenkliche Weihnachtsgeschichte
Wer sieht denn heutzutage schon einen Engel, in dieser hektischen Zeit. Und gerade in der Weihnachtshektik ist es für einen Engel mühsam, durch die Menschenmassen zu kommen.
David Ruprechter
Der Engel Emanuel
„Schatz, haben wir eigentlich eine Playstation oder eine Xbox? Ich kapiere das nie… Weißt du für den Rolf so ein Spielchen, wie wir es haben!“ Der Angesprochene konnte noch nicht einmal antworten, da geht es schon weiter: „Was meinst du? Schenken wir dem Sven das Sciencefiction Game oder eher ein Autorennspiel?“ So tönt es quer durch die Spielzeugabteilung vom Einkaufs Center. Apropos war Marlies ganz und gar nicht die Einzige, deren Stimme so laut und vernehmlich durch alles hindurch gellte. Nein, von allen Seiten gab es ein Lärmen und Diskutieren von gestressten und verunsicherten Eltern. Hinzu kamen natürlich auch noch das Geschrei und das Geplärr von Kindern, welche dank der aktiven Werbeabteilung des Kaufhauses fortlaufend neue Ideen und Wünsche entdeckten, die sie durchsetzen wollten. Dafür waren alle Kampfmittel erlaubt, bis zum Heulen!
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In all dem drunter und drüber gehenden Chaos und Gelärm stand der EngelEngel Emmanuel Emanuel zwischen den Gestellen von Holzeisenbahnen und großen, bleichen Plastikpuppen mit tausenden von Kleidchen und Zubehör. Weil sich der Ort, wo er stand, in der hintersten Ecke des Verkaufsraumes befand, hatte er seine Ruhe. „Es hat sich absolut nicht gelohnt“, murmelt er enttäuscht und resigniert vor sich hin. „Nein, es hat sich absolut nicht gelohnt.“ Schon drei Mal hatte er sich durch das Gewühl bis zu Marlies durch gekämpft. Klar, die Leute spüren und sehen ihn eben nicht. Aber als Engel ist es halt ebenfalls mühsam, durch Menschengewühl und Gestelle hindurch zu huschen. Auch ein Engel hat lieber etwas Platz und würde lieber normal durch die Gänge zwischen den Gestellen laufen. Dreimal schon ist er bei der Marlies gestanden und hat ihr ins Ohr geflüstert: „Hab keine Angst! Schau, ich habe dir eine Mega-Freude zu erzählen. Es ist eine Freude für alle Menschen. Denn dir ist dein Retter geboren!“
Emanuel war jedoch noch nicht fertig mit dem, was er sagen wollte und ihm auf dem Herzen lag, da hatte sich Marlies schon in eine andere Richtung gedreht, ein Spielchen mit einem Furcht erregenden Bildchen darauf in die Hand genommen und laut und vernehmlich ihrem Mann zugerufen. Den Engel Emanuel hatte sie nicht wahr genommen und auch nichts gehört. Nun ja, sie hat halt auch einfach keine Zeit dafür. Schließlich ist heute der 24. Dezember und heute Nacht wollen sie ja zusammen mit den Schwiegereltern gemütlich vor dem geschmückten Bäumchen feiern. Vorher aber müssen noch alle Geschenke gekauft, eingepackt und unter das Bäumchen gelegt werden, welches man dann zu guter Letzt auch noch geschmückt werden sollte. Das Essen wollte auch noch gekocht werden. Überdies musste als Pünktchen auf das „i“ die Wohnung noch in Eltern tauglichen Zustand gebracht werden. Und die Kinder sollten sich auch noch hübsch anziehen. Es ist halt der übliche Weihnachtsstress!
Emanuel schaut auf seine Liste und schleicht davon. „Nein, es hat sich nicht gelohnt!“ Murmelt er leise vor sich hin. Wieder ist es ihm auch dieses Jahr nicht gelungen, die Aufmerksamkeit der ihm zugeteilten Menschen auf sich zu ziehen und von der frohen Botschaft zu erzählen. Es ist wirklich zum Verzweifeln!
Als Nächstes ist der langhaarige Kioskverkäufer im Flughafen, gerade rechts bevor es zur Abflughalle hinüber geht, an der Reihe. Im Moment hat er zwar noch Schicht-Dienst und er kommt hinten und vorne nicht nach, mit Zigaretten Päckchen herausgeben, einkassieren, Geld abzählen und herausgeben und erklären, wo jetzt wieder die neuen Modehefte liegen. Vor der Kasse hat es eine lange Schlange und Emanuel überlegt sich, ob er sich auch hinten anstellen und ein Schokolade-Stängelchen kaufen soll. Aber das gäbe wieder ein Bild: ein Engel mit einer Schokolade. Nein aber auch!
Er probiert es diesmal von der Fensterseite her und stellt sich neben den Beat. So heißt nämlich der Verkäufer. Aber da gibt es gerade gar nichts zu wollen! Der Beat hat keine Zeit für leise Töne, schon gar nicht von einem Engel. „Hab keine Angst…“, fängt dieser an. „Das macht acht Franken fünfzig,… sorry, eight Franks fifty, please.“Der Beat ist beschlagen! In den gängigsten Sprachen, wie Englisch, Französisch Spanisch, Deutsch verkauft er seine Waren und sogar ein paar Brocken Russisch kann er. Der Engel Emanuel überlegt sich, ob er vielleicht auf Französisch fragen soll. Er nimmt noch einmal einen Anlauf auf Deutsch: „Hab keine Angst!“- so laut er kann, probiert er es. Aber im Himmel oben haben sie kein Früh-Englisch, sondern nur Früh-Engelisch, und das ist eben eine gar feine Sprache. Eine Sprache, wo man mit dem Herzen und nicht mit den Ohren hört. Aber leider ist dafür keine Zeit vorhanden. Viel zu viele Leute sind unterwegs und wollen vor dem Abflug noch etwas zum Knabbern oder Lesen kaufen. Und so ist der Beat hinter seiner Theke am Herumwetzen, ohne dass er etwas von der Himmels Gestalt neben sich bemerkt hat.
Emanuel wendet sich ab und sagt, aber nur zu sich selber: „Vor 2000 Jahren, dann, wo wir zum ersten Mal diese frohe Botschaft weitergeben durften, hatten die Leute noch einen bösen Kaiser gebraucht, der eine Volkszählung und damit verbunden eine Reise befohlen hatte. Heute machen sie freiwillig für nur ein paar Tage dieses Gehetze und den Stress. Bloß an einem anderen Ort als damals. Und da reden sie noch von Erholung! Kopfschüttelnd schaut er auf seinen Zettel mit den Namen darauf. Es gibt ihm jedes Mal einen Stich ins Herz, wenn er, ohne gehört zu werden, weiterziehen muss.
„Nächstes Jahr probieren wir es dann wieder. Oder vielleicht hat ein Arbeitskollege von mir während des Jahres mehr Erfolg…“. Das ist die einzige Hoffnung. „Eigentlich ja nicht nur meine Hoffnung“, denkt die frustrierte Lichtgestalt, „eigentlich wäre ja das die Hoffnung all dieser Menschen! Nein, im Grunde hat es sich nicht gelohnt. Die ganze Mühe, welche Jesus da auf sich genommen hat. Es will ja niemand davon hören! Nämlich, dass Jesus, Gottes Sohn, sich so klein gemacht hat und Mensch geworden ist. Dass er die Menschen so liebt, dass er selber das Licht des Lebens direkt zu ihnen auf die Erde gebracht hat, um sie zu erlösen und ihnen das ewige Leben zu geben. Nein, das hat sich doch alles nicht gelohnt. Von seinem traurigen Weg zum Kreuz und seiner Auferstehung, wollen wir erst gar nicht reden. Es hört ja eh niemand mehr zu. Dabei ist es jedes Jahr danach wieder das Gleiche. Wenn wir Engel im Himmel berichten, was wir erlebt haben, so ist Jesus traurig und weint über jede Seele, die sein Geschenk nicht annimmt.“
In der Zwischenzeit ist Emanuel im Villenviertel der Hauptstadt des Nachbarlandes angekommen. Hierzu ist anzumerken, dass Engel auf eine besondere Art und Weise reisen, nämlich eine, wo Zeit und Distanzen keine Rolle spielen. Darum ist er auch so schnell am nächsten Ort. In einer der schönsten Prachtbauten der Gegend trifft er, wie erwartet, auf den François. Der sitzt verzweifelt auf seinem Sofa mit einer halb leeren Flasche Wein neben sich. Ab und zu nimmt er einen Schluck daraus, dazwischen seufzt er tief. Emanuel setzt an, diesmal natürlich in der Sprache von François, und sagt: „Hab keine Angst…“. „Was, keine Angst? Nein, Angst muss ich keine haben. Zwei Drittel meines Vermögens habe ich verloren! Da muss ich wirklich keine Angst mehr haben, noch mehr zu verlieren. Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen!“ Der immer noch reiche, aber verzweifelte François lässt Emanuel nicht ausreden: „Als gescheiterter Börsenmakler finde ich keine gute Stelle mehr! Da muss man mir nicht mit so blöden Sprüchen kommen!“
Emanuel ist ganz aus dem Häuschen, weil ihn endlich jemand hört! Er fängt deshalb nochmals an: „Hab keine Angst…“, aber schon sprudelt es wieder aus dem anderen heraus: „Es ist ein Wahnsinn! Ich habe in einem Jahr mehr Geld verloren als in den letzten zehn Jahren angesammelt. Kein Stein ist auf dem anderen geblieben! Dabei habe ich immer den richtigen Riecher gehabt Und Immer als Erster die besten Geschäfte gemacht. Und jetzt passiert mir das…“. Emanuel startet einen dritten Versuch, diesmal aber ganz schnell: „Hab keine Angst! Schau, ich habe eine Mega-Freude für dich…“. „Freude? Was Freude! Ich habe keine Freude mehr! Dreh die Zeit um ein bis zwei Jahre zurück und wir könnten vielleicht von Freude reden. Aber heute, sicher nicht!“ Der Engel stiehlt sich aus dem Zimmer, während der verzweifelte François weiter schimpft und ausruft. „Ich werde später noch einmal bei ihm vorbeischauen“, denkt er. „immerhin hat er mir zugehört, auch wenn er das Gesagte noch nicht verstanden hat. Zum guten Glück habe ich, wie alle meine Kollegen auch, eine Engels Geduld. So höre ich halt dem François noch ein wenig beim Schimpfen zu. Jetzt habe ich aber noch jemand auf der Liste für die guten Nachrichten von Weihnachten“. Heiß und staubig ist es bei der Aliem Zasbia daheim. In Äthiopien ist es während des Tages nie wirklich kalt. In der Nacht aber kann es grauslich kalt werden! Die Aliem ist eine fröhliche Gestalt und singt viel. Das hat sie von ihrer Mutter. Schon die hat immer gesungen. Aber trotz Gesang ist es eine leidige Zeit für die zierliche, dunkelhäutige Frau. Ihre Kinder, der Amanuel, der Belay und der Tsiduk haben seit drei Tagen nur Steinsuppe zu essen bekommen. Nun ja, wenn die Aliem nichts für den Kochtopf hat, bleibt ihr ja gar nichts anderes übrig. Damit die Kinder wenigstens das Gefühl haben, sie hätten etwas gegessen, tut sie im Versteckten einen Stein ins Wasser über dem Feuer und sagt dann, dass das Essen bald fertig sei. Geschmack hat es gerade nicht wirklich viel und nähren tut es sowieso nicht. Die Ernte ist auch dieses Jahr schlecht gewesen, wie die letzten acht Jahren auch. Die große Hitze und Dürre während der Sommermonate macht jeweils alles Wachstum kaputt. Dieses Jahr ist es besonders prekär gewesen, weil die Hilfsorganisationen, welche jeweils wenigstens für das Überleben halfen, nichts geben konnten. In diesem Jahr wollte wegen der schlechten Wirtschaftslage niemand mehr spenden.
Der Engel Emanuel kommt durch den Staub zur Aliem: „Hab keine Angst!“, fängt er schüchtern an. Der Gesang verstummt und die Aliem horcht auf. „Schau ich habe eine Megafreude zu erzählen. Eine Freude, welche für alle Menschen gilt. Denn dir ist dein Retter geboren!“ Das Gesicht der ausgemergelten Frau hellt sich schlagartig auf. „Eh ja, heute ist ja Weihnachten!“ Der Engel Emanuel macht vor Freude beinahe einen Salto. „Ja, heute ist Weihnachten! Der Erlöser ist geboren!“ Vor lauter Freude hat Emanuel beinahe vergessen, dass er kein Mensch ist und keinen Körper aus Fleisch und Blut besitzt. Endlich ist da jemand, der ihm zuhört und ihn versteht! Die Aliem ruft ihre Kinder und sitzt mit ihnen vor dem leeren Suppentopf. Der Emanuel fängt dann an, die ganze Weihnachtsgeschichte zu erzählen. So, wie sie vor 2000 Jahren wirklich geschehen ist.
Noch lange hocken die vier Hungrigen vor dem knisternden Feuer und hören dem Engel zu. Trotz dem Hunger spüren sie etwas von der Hoffnung. Ein Gott, welcher die Menschen so liebt, dass er Mensch geworden ist und sein Leben für sie her gegeben hat, wird auch sie nicht alleine lassen! Aber Hunger, Hunger haben sie halt immer noch!
Es war schon spät in der Nacht, als Emanuel nach oben dem Himmel zu steuerte. Er war schon fast droben, als er plötzlich abrupt umkehrte und sich in die Hauptstadt vom Nachmittag begab. „Ich muss noch einmal zum François. Er ist sicher noch am Schimpfen…“ Und noch einmal begibt sich die Himmels-Gestalt zur Villa und findet den Finanzier immer noch auf dem Sofa. Jetzt aber mehr liegend als sitzend. Bei einem Kind würde man sagen, er hat sich aus getrotzt und beruhigt. Still ist es im Großen Haus. Mitten in dieser Stille vernimmt man plötzlich: „Hab keine Angst!“ Der François schreckt auf. Und dann hört er zu. Zuerst widerwillig und dann neugierig. Der Emanuel erzählt ihm aber noch viel mehr als das, was in der Bibel steht. Denn der Engel hat eine Idee gehabt…
… Es dauerte ein paar wenige Tage, bis etwas passierte. Aber wirklich: kurz nach diesem turbulenten Tag von Emanuel hat dieser vom Himmel ausgesehen, wie in Äthiopien bei der Aliem und ihren Kindern ein Paket eingetroffen ist. Endlich ist Weihnachten nicht nur eine Hoffnung, sondern Realität. Dann ist es auch im Bauch von Aliem, Amanuel, Belay und Tsiduk Weihnachten geworden. Und nicht nur dort, auch in einer Villa weit weg von Äthiopien ist es hell geworden…
Und im Himmel oben war eine feine Stimme zu hören, die murmelte: „Super, es hat sich doch gelohnt!“
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