Weihnachtsgeschichte mit tieferen Sinn

Thomas Weinmann

Letzte Lieferung vor Weihnachten

Diese Weihnachtsgechichte hat einen tieferen christlichen Sinn und eignet sich für Kinder ab 7 Jahren und als Sinn Geschichte auch für Erwachsene

Heute war wieder eine besonders umfangreiche Lieferung eingetroffen. Eigentlich, wie immer in diesen Tagen, an denen auf der Erde bald – wie sie es nennen – Weihnachten gefeiert wird. Wagen um Wagen wurden herangebracht, schwer beladen mit all den vielen Gebeten der Menschen. Eine grosse Schar beauftragter Engel stürzte sich auf die unüberschaubare Flut, um wenigstens eine gewisse Ordnung in das Ganze zu bringen. Da wird mal grob zwischen Stossgebeten, gewöhnlichen Bitten, wiederkehrenden Bitten, Lobpreisungen und was es sonst noch gibt. unterschieden. Der Berg der Lobpreisungen und Danksagungen ist dabei, wie üblich, markant kleiner im Vergleich zu den Bitten. Nach etlichen Stunden Vorarbeit wurde das herrliche Himmelstor zu Gott dem Vater aufgestossen und ein vornehmer Engel brachte den ersten Wagen zu dem Allmächtigen.

Der Engel senkte seinen Blick und sprach demütig: «Heiliger Herr, heute sind besonders viele Bitten eingetroffen.» Und er dachte so bei sich: «Unglaublich, was sich die Menschen alles so von Gott wünschen! Da sind die simplen, eher materiell ausgerichteten Wünsche, wie: Ich möchte ein Haustier, ich wünsche mir eine neue Wohnung. Und dann die Wünsche nach Erfolg: Herr, schenk, dass ich die Prüfung bestehe, dass ich den Job bekomme. Und dann die Sehnsüchte, die sich wiederspiegeln: Ich möchte endlich eine Frau finden, ein Kind bekommen. Und die Ängste und Nöte: Mach mich endlich wieder gesund! Greif ein, dass mein Elend endlich ein Ende findet.»

Da blickte der Herr auf den Engel, dessen Gedanken er schon längst erraten hatte, und sprach: «So unglaublich viel ist es, was die Menschen von mir erhoffen! Und doch lässt sich nicht einfach alles so erfüllen – mit all ihren Wünschen würden die Menschen ein riesiges Chaos anrichten.»

Dann schwieg der Herr. Aber der Engel sah das nachdenkliche Gesicht des Allmächtigen. Und er wagte eine Frage: «Welche der Gebete sind denn die schwierigsten?»

Ohne Umschweife erwiderte der Herr: «Das sind die WARUM Fragen».

«Warum, Gott, lässt du das zu? Warum beendest du diesen Krieg nicht? Warum musste mein Kind sterben? Warum hat mein Partner Krebs? Warum gibt es so viel Elend? Warum sind die Menschen so selbstsüchtig?»

gebete weihnachten

Der Engel wagte nichts darauf zu erwidern, zumal er im Inneren selbst dachte, dass da ja durchaus etwas Wahres daran sei.

«Du kannst dies also den Menschen nachempfinden?» sprach Gott ihn an. Der Engel errötete sogleich vor Scham, überzeugt davon, dass man dem Handeln und Denken des Allmächtigen in keiner Weise zweifeln, geschweige denn widersprechen sollte.

«Die Menschen», fuhr Gott fort, «sind faszinierende Wesen. Sie sind fähig, über sich selbst nachzudenken. Sie sind sich selbst bewusst, sie folgen nicht nur einfachen Bedürfnissen und Instinkten, sie können ihr Handeln planen, überdenken. Sie haben vom Baum der Erkenntnis gegessen – darum erkennen sie. Aber das bedeutet auch, dass sie Entscheidungen treffen müssen, die in irgendeiner Weise Folgen haben werden. Und das heisst, dass sie Verantwortung übernehmen müssen. Wenn sie dabei den wichtigsten Grundsatz perfekt in Ihre Entscheidungen mit einbeziehen könnten – «liebe deinen Nächsten so wie dich selbst» – dann würde das zu einem guten Zusammenleben zwischen den Menschen und der übrigen Natur führen. Wenn sie schon die Selbstverantwortung gewählt haben, dann täte es ihnen gut, sich an meine Grundsätze zu halten.»

Nun wurde der Engel mutiger. Er wagte einzuwenden: «Nun ist es ja aber nicht so, dass alles auf die mangelnde Verantwortung des Menschen zurückgeführt werden kann…»

«Ja, aber leider ist es sehr viel mehr, als es die Menschen wahrhaben wollen. Viel Elend ist menschengemacht – das meiste sogar – manches direkt und offensichtlich, etliches aber beruht grundsätzlich auf den weitreichenden Folgen von menschlichem Fehlverhalten».

«Die Menschen sind ein Trauerspiel für diesen fantastischen Planeten!» entfuhr es dem Engel.

«Du weisst,» fuhr Gott fort, «ein erster Ansatz, die entartete Menschheit mit einer drastischen Reduktion auf wenige rechtschaffende Menschen zu reduzieren, ist gründlich fehlgeschlagen. Ich habe so sehr darauf gehofft, dass die menschlichen Wesen meine Gemeinschaft suchen würden und sich besser entwickeln würden. Aber der zweite Versuch ist nun erfolgreicher!»

Der Engel runzelte die Stirn und dachte für sich: «Das sieht aber nicht gerade danach aus…»

«Du kennst die Geschichte. Ich bin selbst hingegangen – heute reden sie von Weihnachten. Ich habe mich in die Gestalt eines Menschen begeben und habe unter den Menschen gelebt und gelitten. Ich habe ihnen ein Vorbild gegeben, welches nicht wenige erfolgreich übernommen haben und noch immer übernehmen. Das hat vieles besser gemacht, aber vieles jedoch auch nicht.

Menschen, Tiere, Pflanzen – ja alles Leben – ist endlich. Die Schöpfung erlebt Geburt und erleidet Tod. Schmerz und Krankheit sind Realität in der materiell gebundenen Welt. Aber mit meinem Kommen in ihre Welt haben ich ihnen das Tor zu meiner unvergänglichen Welt aufgestossen. Ich bin durch ihren Tod hindurchgegangen und ins ewige Leben zurückgekehrt. Wer sich entscheidet, diesen Weg zu beschreiten, der bekommt ebenfalls Zugang zur immateriellen Ewigkeit. Für diese Menschen, die mich aufnehmen, ist Krankheit, Leiden und Tod noch immer die gleiche Realität wie für alle anderen auch. Aber das ist für sie nun nicht mehr das letzte Wort. Wer mir vertraut, wird leben, auch wenn er stirbt.»

Eigentlich wusste der Engel ja dies alles. Dennoch fragte er sich, warum Gott denn nicht öfters ein Machtwort sprechen würde, um die Menschheit vor Schlimmerem zu bewahren.

«Ich will, dass die Menschen aus freien Stücken mich lieben, meine Grundsätze bewahren und danach handeln. Das bedeutet auch, dass ich die Menschheit im Moment ein Stück weit sich selber überlassen muss – und nur traurig darauf warten kann, bis sie sich wieder mir zuwenden».

Dann wandte sich Gott den riesigen Stapeln zu. Mit geübtem Auge zog er das eine oder andere Gebet zu sich und liess es in Erfüllung gehen.


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